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Gott beim Friseur!?
18. September 2022 | Spuren
Ich hab in München eine Weile nach einem Friseur gesucht. Einigermaßen bezahlbar sollte er sein. Und ich mit einer Frisur rausspazieren, mit der ich mich vor dem Spiegel wieder wohlfühle. Ja und ok, wenn möglich schon auch ein kleines bisschen hip. Zum Runterkommen halt. In Kombi: nicht ganz leicht zu finden. Ich suchte also einen Friseur. Und bekam, naja, irgendwie mehr. Zwei Menschen, je nach Termin mal sie, mal ihn. Die ersten Gespräche mit beiden weitgehend harmlos, von den Scherenmeister:innen beiläufig klug geführter Smalltalk eben. Irgendwann kennt man sich schon ein wenig, Pony nachschneiden geht kostenlos klar und so. Und dann. Nach einer lustigen Trinkgeschichte erzählt er von Konflikten mit der Exfreundin und dem gemeinsamen kleinen Kind. Darüber, wie ein Kind haben und für das Kind sorgen, ihn irgendwie zu einem besseren Menschen gemacht hat. Trotz Trennung und Stress. Ich erzähle ihm, wie sehr frustriert ich war über ein Gutachten, bei dem ich mich überhaupt nicht gesehen fühlte. Er so: Hey, ruf doch den Gutachter an. Ich mein, ich würde das sofort machen. Nicht einfach auf dir sitzen lassen. Das geht echt nicht klar. Zumindest mal nach fragen, was er sich dabei gedacht hat. Wahrscheinlich hat der sich da überhaupt nicht so viele Gedanken dazu gemacht. Also zumindest diese Frage, die muss er sich von dir schon anhören!
Ein anderes Mal sagt die Friseurin nach dem Aufwärmtalk leise zu mir:
Also ich hoffe, es klappt mit dem Schwanger Werden bei uns nochmal. Wäre schon schön. Wir probieren es gerade. Aber das muss der Chef ja nicht wissen. Sie grinst in den Spiegel. Auf Nachfrage – ich schlucke kurz – erzähle ich ihr, was ich da diesbezüglich schon hinter mir habe. Irgendwie fühlt es sich ok an gerade darüber zu reden. Sie reagiert souverän, keine überzogenen Mitleidsbekundungen. Eher
aufmerksam, gibt zu verstehen, dass sie aus ihrem Umfeld auch andere kennt.
Ich atme innerlich auf. Heute muss ich mich neben meinen eigenen Gefühlen nicht auch um die der anderen kümmern.
Mit frischer Frise verlasse ich den Laden. Ich wundere mich kurz darüber, wie offenherzig ich sein konnte. Wie wir einfach miteinander geteilt haben, was uns gerade so umtreibt. Was wir uns wünschen, wonach wir uns sehnen. Geschenkte Glitzeraugenblicke.
Rahel Pereira